Michael Hübler − Insolvenz als Chance nutzen


Die typische Unternehmensnachfolge gibt es nicht. Eine Gemeinsamkeit lässt sich aber in Hinblick auf die zu übergebenden Unternehmen nennen: Sie sind in aller Regel über die Jahre erfolgreich am Markt und dadurch meist attraktiv für eine Nachfolge. Michael Hübler, jetziger Geschäftsführer der MH Metallprofil GmbH, benötigte dafür schon etwas mehr Phantasie – er übernahm ein Unternehmen aus der Insolvenz. Wie er es schaffte das Unternehmen wieder auf die Erfolgsspur zu führen, erzählt er uns im Interview.


Welches Unternehmen haben Sie übernommen?

Ich habe die MH Metallprofil GmbH (ehemals DAP Alu-Profil GmbH) in Reichstädt, in der Nähe von Dresden, übernommen. Wir sind Spezialist für die Serienfertigung von Metallleichtbauerzeugnissen. Seit 1994 entstehen hier in einer modernen Fabrikationshalle unter anderem hochwertige Produkte für die optimale Produktion und Präsentation von Pflanzen. Das sind vorwiegend Pflanzenproduktionstische und verkaufsfördernde Präsentationstische die jeweils individuell an die Kundenbedürfnisse angepasst werden können. Auch Spezialanfertigungen sind möglich. Wir können dabei auf 20 Jahre Erfahrung in der Weiterverarbeitung von Aluminium- und Stahlprofilen zurückgreifen. Zu unseren Kunden zählen neben Gartenbaubetrieben und wissenschaftlichen Einrichtungen insbesondere Baumärkte mit eigener Gartenfachabteilung.


Wie und wo haben Sie den Übernehmer kennen gelernt?

Das Unternehmen stand Anfang 2013 im Insolvenzverfahren. Davon habe ich mehr oder weniger durch Zufall erfahren. Auf Grund der kurzen Entfernung zu meinem Heimatort habe ich den Betrieb besichtigt und versucht, die noch verfügbaren Daten auszuwerten.


Wann haben Sie sich für die Übernahme entschieden?

Während meiner langjährigen Tätigkeit im Bereich Unternehmenssteuerung wuchs in mir mehr und mehr der Wunsch selbst einen mittelständischen Fertigungsbetrieb zu führen. Hierzu habe ich mich regelmäßig über das Angebot in verschiedenen Unternehmensbörsen informiert. Darüber hinaus habe ich vor ca. 2 Jahren damit begonnen, über Kammern und Wirtschaftsverbände, Banken und Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt Unternehmensnachfolge Kontakte zu Unternehmern zu finden, die an einer externen Nachfolge interessiert sind. Schlussendlich bin ich dann eher zufällig auf den Betrieb aufmerksam geworden, der sich seit kurzem in einem Insolvenzverfahren befand. Nach 3 Monaten intensiver Recherche und Kalkulationsarbeit habe ich dann eine eigene Gesellschaft gegründet und zunächst auf Pachtbasis die Betriebsstätte genutzt. Nach ca. einem Jahr erfolgte dann die endgültige Übernahme im April 2014.


Was waren die drei größten Herausforderungen während der Übernahme und wie haben Sie diese bewältigt?

Die größte Herausforderung war, das durch die Insolvenz verlorene Kundenvertrauen wieder herzustellen. Fast alle Kunden hatten sich bereits für die Produkte der Wettbewerber entschieden. Da war viel Überzeugungsarbeit gefragt. Ähnlich schwierig verhielt es sich auf der Lieferantenseite. Viele hatten ausstehende Forderungen abschreiben müssen. Häufig war eine Belieferung nur gegen Vorkasse machbar. Das verlorene Vertrauen konnten wir durch die tagtägliche Demonstration absoluter Verlässlichkeit zurückerobern. Dazu war es notwendig Lieferzusagen exakt einzuhalten und alle Rechnungen pünktlich zu begleichen. Auch das Eingehen auf individuelle Kundenwünsche hat uns geholfen, dass wir mittlerweile wieder als zuverlässiger Geschäftspartner akzeptiert werden. Darüber hinaus war es nicht einfach die Finanzierungspartner zu überzeugen. Eine Insolvenz ist für die Banken meist ein rotes Tuch. Mit der notwendigen Hartnäckigkeit konnte ich schlussendlich meiner Hausbank die Profitabilität meines Geschäftsmodells glaubhaft machen.


Was macht Sie besonders stolz bzw. was sind Ihre bisherigen Erfolge?

Ein großer Auftrag, der uns besonders stolz macht, ist die Ausrüstung des neuen Forschungsgewächshauses des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums in Augustenberg bei Karlsruhe. Die 1470 m2 große Anlage für wissenschaftliche Zwecke haben wir mit Pflanzentischen und Sonderaufbauten ausgestattet. So konnten wir öffentlichkeitswirksam zeigen, dass wir komplexe Projekte termingerecht und in hoher Qualität umsetzen können. Das hat uns enorm geholfen, weiter Vertrauen aufzubauen.


Gab es Tage, an denen Sie sich nicht sicher waren, wie und ob es weitergehen soll?

Ich war stets überzeugt, dass sich ein Betrieb, der fast 20 Jahre lang problemlos funktioniert hat, wieder reaktivieren und nach erfolgreicher Restrukturierung profitabel fortführen lässt. Dennoch gab es auch Tage an denen die schlechten Nachrichten überwogen haben und man sich Gedanken machen musste. Zum Glück kam stets zum richtigen Zeitpunkt auch wieder ein Lichtblick.


Welche Erfahrungen möchten Sie an andere weitergeben, die jetzt vor der Entscheidung stehen, eine Unternehmensnachfolge anzutreten?

Ich kann nur jedem Mut machen, diesen Schritt zumindest in Betracht zu ziehen. Bevor man sich jedoch endgültig entscheidet sollte man sehr genau prüfen, abwägen und ggf. die eine oder andere Gelegenheit auch nicht wahrnehmen. Man hat für ein solches Vorhaben in der Regel nur einen Schuss und der sollte ins Ziel treffen.


Was ist Ihre Zukunftsvision bzw. was möchten Sie in den nächsten 5 Jahren erreichen?

Ich möchte mein Unternehmen zunächst weiter stabilisieren, die Produktpalette erweitern und meine Vorgänger innerhalb der nächsten 5 Jahre in Umsatz und Ertrag übertreffen.